David Gilmour steigt mit “Luck and Strange” an die Spitze der Albumcharts
‘Luck And Strange’ ist David Gilmours erstes Album seit neun Jahren. Es entspringt seiner Songwriting-Partnerschaft mit Polly Samson, die schon seit 30 Jahren Bestand hat und in einer Umgebung stattfindet, die Gilmour so beschreibt: „Ein winziges Haus in London, in dem ein Zimmer als kleines Studio dient und der Raum darüber als Schreibstube für Polly.“ Samson erinnert sich an die Lockdown-Zeit: „Wir haben es uns dort sehr gemütlich gemacht, uns schon auf gewisse Weise abgeschottet. Aber wir sind im selben Wald spazieren gegangen, haben nach denselben Pilzen gesucht. Ich hatte erste Textideen, David hatte erste Songideen. Doch wir beide hatten das Gefühl, etwas ändern zu müssen, um die Sache in Bewegung zu bringen. Es musste etwas passieren.”
Dieses Etwas passierte via Instagram, als sich Gilmour via Direktnachricht an den Produzenten Charlie Andrews wandte. David war von dessen Arbeit mit der Band ALT-J sehr beeindruckt und hatte sich deshalb entschlossen, ihn zu kontaktieren. Als Andrews realisierte, dass es sich wirklich um den David Gilmour handelte, arrangierte man ein Treffen. „Obwohl ich mir gar nicht so sicher bin“, meint Polly Samson, „ob er wirklich schon von David gehört hatte.“ Gilmour ergänzt lachend: „Wir luden ihn zu uns ein, er tauchte auf und hörte sich ein paar Demos an, die er ungefähr so kommentierte: „Muss da wirklich ein Gitarrensolo hin?“ oder „Werden alle Songs ausgefadet? Wie wär’s mit einem richtigen Ende?“ Es ist wunderbar, dass er kaum etwas von meiner Vergangenheit weiß und auch keinen Respekt vor ihr hat. Er ist sehr direkt und erstarrt nicht vor Ehrfurcht – das gefällt mir unglaublich gut. Was du am wenigsten brauchen kannst, sind Leute, die dir nach dem Mund reden.“
Bei ‚Luck And Strange‘, Davids erstem Album seit ‚Rattle That Lock‘ (2013), hat man einerseits – wie beim unverwechselbaren Solo am Anfang des Titeltracks – das Gefühl ein typisches Gilmour-Werk zu hören. Andererseits klingt die LP völlig anders als ihre Vorgänger. Ein junger Produzent ist involviert, neue Musiker sind am Start, die den Kompositionen einen neuen Ausdruck verleihen. Und wer hätte wirklich erwartet, dass David im Jahr 2024 ein Cover der in der Versenkung verschwundenen The Montgolfier Brothers aufnehmen würde? Und doch findet sich auf Luck and Strange der Song „Between Two Points“, den Gilmour und Samson für einen Hit gehalten hatten, stand er doch jahrelang auf einer ihrer Playlists! Tochter Romany singt diesen Song und Vater David erzählt, dass sie anfangs von der Idee nicht besonders begeistert war: „Ihre Stimme klingt so zurückhaltend, weil sie eigentlich gar nicht singen wollte – „Mensch, ich muss nachhause und einen Aufsatz schreiben“. Wir haben sie vor der Abreise überredet und sie war ziemlich sauer.“
Es kommt auf dem Titeltrack des Albums sogar zu einem unerwarteten posthumen Auftritt von Rick Wright. „Auf unserer Tour im Jahr 2006 fragte ich Rick, ob er in meiner Band sein möchte“, erzählt Gilmour „Er sagte zu und im Januar, am Ende der Tour, holte ich die Band zusammen, um eine Woche in meiner Scheune zu jammen. Ich weiß nicht, was da in mich gefahren war, denn in der Scheune war es saukalt. Wir haben trotzdem gejammt und bei der Montagssession entstand dieser Track. Ich ergänzte einen Refrain, einen Zwischenteil und habe das Ganze mit ein paar weiteren Akkorden neu aufgebaut. Es gibt Stellen im Song, an denen ich mit meinem Gitarrenspiel auf Ricks Hammond reagiere. In den Momenten ist es so, als wäre er noch unter uns. Ich denke nur: „Ah, da sind wir – Rick und ich spielen zusammen.“
Mögen wir auch in düsteren Zeiten leben, so ist es doch ganz klar, welchen Energieschub die Arbeit an ‚Luck and Strange‘ für Gilmour und Samson bedeutete. Ein paar Livedates sind geplant, bei denen Rob Gentry und Adam Betts als Begleitband fungieren werden. Außerdem sind sich alle einig, dass bis zur Veröffentlichung des nächsten Albums nicht wieder neun Jahre vergehen sollen. „Unser Plan sieht vor, die LP rauszubringen, sie am Laufen zu halten und so bald wie möglich ein neues Album zu machen“, sagt Gilmour. „Ich werde wieder mit diesen Leuten arbeiten. Aus der Vergangenheit kenne ich das Problem – du willst ins Studio und loslegen, weißt aber nicht mit wem. Dieser Druck ist nun weg, weil ich ihre Telefonnummern habe. Wir sind ein Team und ich liebe Teamarbeit, sonst wäre ich Solo-Künstler geworden. Wenn du jung bist und in einer Band spielst, sind am Anfang alle gleichberechtigt. Man kann sich anschreien und kritisieren, sich danebenbenehmen. Trotzdem bleibt man zusammen. Sobald du aber Erfolg hast, blicken die Menschen zu dir auf. Charlie Andrew tut das nicht. Er ist der Typ, der den frischen Wind bringt, nach dem du dich gesehnt hast.“